Exekution durch den Bundespräsidenten
Ein Streit über die Lieferung von Akten des Finanzministeriums an den parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss hat in Österreich zu einem Konflikt der Verfassungsorgane geführt. Weil Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) selbst nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs von Anfang März die geforderten Akten nicht geliefert hatte, hat das oberste Gericht in Wien am Donnerstag Bundespräsident Alexander Van der Bellen per Antrag aufgefordert, die Entscheidung zu „exekutieren“.
Die österreichische Verfassung sieht vor, dass sich das Staatsoberhaupt zur Exekution nach eigenem Ermessen einer geeigneten Bundes- oder Landesbehörde „einschließlich des Bundesheeres“ bedient. Einen solchen Beschluss hat es in der österreichischen Republik noch nie gegeben, wie Van der Bellen in einer eilig anberaumten Ansprache an die Bevölkerung sagte.
So weit, dass nun tatsächlich ein Kommando der Streitkräfte im Finanzministerium einmarschiert oder auch nur die Staatsanwaltschaft, könnte es allerdings womöglich doch nicht kommen. Blümel beeilte sich am Donnerstag mitzuteilen, er werde der Forderung „selbstverständlich unverzüglich und vollumfänglich“ nachkommen. Van der Bellen sagte, wenn der Untersuchungsausschuss ihn informiere, dass das geforderte Material eingegangen sei, „hat sich das erübrigt“. Eine Frist setzte er nicht. Allerdings gab er Blümel – ohne ihn ausdrücklich zu nennen – einen strengen Hinweis auf die Vorschriften der Verfassung mit: „An diese Regeln haben wir uns alle zu halten.“
Die Oppositionsparteien SPÖ, Neos und FPÖ forderten den Rücktritt Blümels, der ein enger Gefolgsmann von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist. Die FPÖ kritisierte außerdem Van der Bellen. Der einstige Grünen-Vorsitzende habe zu lange schweigend hingenommen, dass die ÖVP-Grünen-Regierung die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom März so lange ignoriert habe. Blümel selbst ließ mitteilen, das Finanzministerium habe für den Ausschuss bereits mehr als 20.000 elektronische Dokumente geliefert „und wird noch heute die restlichen Unterlagen an die Parlamentsdirektion übermitteln“. Das Zögern begründete er mit der Fürsorgepflicht gegenüber den 12.000 Mitarbeitern, es gehe um den Schutz teils höchstpersönlicher Gesundheitsdaten.
Schließlich lieferte man 107 prall-gefüllte Aktenordner, alle mit dem Hinweis „Streng Vertraulich“, was nichts anderes bedeutet, als das der U-Ausschuss lediglich die Akten anschauen, die Dokumente nicht aber kopieren und die Inhalte auch nicht veröffentlichen darf! Eine erneute Farce der Buberl!