Die Tabelle lügt nicht?

In ein Phrasenschwein brauche ich nicht einzuzahlen, weil ich nur eine provokante Frage gestellt habe. Die aktuelle deutsche Fußball-Bundesligatabelle lügt eben doch, wenigstens ein wenig. Ich will den guten Dortmunder Jungs gar nicht absprechen, dass sie zum Teil tollen Fußball spielten in der laufenden und auch schon in der letzten Saison. Doch führten einige äußerst glückliche Umstände zu diesem erneuten Meistererfolg. Als Sportsmann muss man natürlich gratulieren, auch als mit dem Bayernvirus Infizierter.
Kein Klagelied, nur eine Feststellung von außen: Um die UEFA-Jahreswertung aufzupolieren, da sind die Bayern für die Liga gut, aber ansonsten werden nur Knüppel zwischen die Beine geworfen. Gegen den FC Bayern bestreitet jede Mannschaft das Spiel des Jahres, gleich zweimal in einer Saison. Dortmund wurde und wird von der Konkurrenz im Grunde durchgewunken. Und wenn es nicht die Spieler tun, dann sind es die Schiedsrichter. Ein gültiges Bayern-Tor hier, nicht gegeben; ein ungültiges dort, aber gezählt. Das macht schon im schlimmsten Fall 6 Punkte aus. Ein Abseits hier, ein fälliger Elfmeter nicht gepfiffen… Ich komme mit dem Zählen der so den Bayern versagten (und den Dortmundern zugeschanzten) Punkte ja gar nicht mehr nach!
Ehemalige Bayern-Spieler versuchen sich dann noch in TV-Spieltags-Analysen als neutrale Beobachter, aber stimmen eigentlich mit ein in den Chor der bei den 17 Auswärts-Spielen durch die Stadien krakelt: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus.“ Andere Ligen verschieben ihren Terminkalender, damit die eigenen verbliebenen Mannschaften im Europapokal ausgeruht antreten können, wie Marseille gegen die Bayern kürzlich… Deutschland baut noch neue Hürden auf, damit es spannender wird, national… Und sei es nur durch eine zeitliche Spielansetzung, die enormen Druck zum Gewinnen-‘müssen‘ aufbaut. (Folge: ein 0:0 gegen Mainz.) – Aber das ist offensichtlich nur auffällig von außen!
Natürlich ist an der Situation auch der FC Bayern selber schuld! Sicher, man ist der mit Abstand größte Verein in Deutschland, der erfolgreichste sowieso, aktuell der drittgrößte in der Welt, gemessen an den Mitgliedern. Doch die Zahl der Fans ist bestimmt ungezählt höher, aber auch die Zahl der Bayern’hasser‘. Das hatte ich früher hautnah miterleben dürfen. Ich konnte es aber schon immer verstehen.
Grundsätzlich hat jeder sportliche Gegner vor dem Anpfiff eine Chance zu gewinnen. Dieses sich selbst auferlegte Nicht-Verlieren-Dürfen ist ja eine ausgemachte Idiotie. Wie selbstverständlich dürfen denn Siege sein? Allein das schürt den Neid und das Daumendrücken der Bayern-Gegner, es ‘denen heute einmal zeigen zu wollen‘. Und so geht es den Spielern offensichtlich auch. „Heute, im Spiel des Jahres, kann ich mich beweisen, auf einer Plattform, die ich morgen nur noch von weitem sehe.“ (Verbunden mit der stillen Hoffnung, vielleicht eines Tages selber bei den Bayern landen zu dürfen!)
Das hat die Mannschaften des FC Bayern natürlich auch immer besonders stark gemacht. Stets an die Leistungsgrenze gehen zu müssen, um die Oberhand zu behalten. Doch immer klappt es eben nicht und dann verliert sogar der um ein paar Mitglieder größere FC Barcelona im eigenen Stadion gegen Real Madrid, wie am Samstag. Und diese Bayern schlugen Madrid einige Tage zuvor und wollen das in wenigen Tagen wiederholen. Das wird nicht leichter, wenn man weiß, dass man knapp am Meistertitel im eigenen Lande vorbei geschrammt ist. – Aber den Spielern bleibt ja kaum Zeit, sich mit solchen Gedanken zu befassen, wie ich nun hier. Die glauben tatsächlich, oder hoffen zumindest auf eine andere alte Fußballerweisheit, dass sich am Ende alles irgendwie ausgleicht. Wir werden es als Zuschauer erleben.

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